Zugewinn

Den meisten Ehepaaren ist nicht bewusst, dass sie gleichzeitig mit der Eheschließung den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft wählen. Schon der Begriff Zugewinngemeinschaft ist irreführend. In Wahrheit liegt eine Gütertrennung vor. „Mein“ ist gerade nicht „Dein“. Jeder Partner bleibt Eigentümer seiner Sachen. Zudem wird man nicht automatisch Miteigentümer von Vermögen, welches von dem anderen Partner während der Ehe erworben wird. Lediglich im Falle einer Scheidung oder eines vorzeitigen Zugewinns findet ein schuldrechtlicher Vermögensausgleich statt. Demjenigen, dessen Vermögenszuwachs während der Ehe geringer ist, steht ein Ausgleichsanspruch zu. Dieser beträgt die Hälfte der Wertdifferenz zwischen den beiden Vermögenmassen. Mit Ausnahme des § 1357 BGB (sog. Schlüsselgewalt) haftet man auch keineswegs für die Schulden seines Partners. Der gesetzliche Güterstand kennt keine „Sippenhaft“. Viele Eheverträge, die mit dieser Begründung abgeschlossen werden, gehen von falschen Voraussetzungen aus.

In nur 28 Paragraphen des BGB wird der gesetzliche Regelgüterstand abgehandelt. Damit müsste der Zugewinnausgleich eigentlich doch ein leicht überschaubarer und beherrschbarer Themenkreis sein. Weit gefehlt. Die langjährigen Erfahrungen zum gesetzlichen Güterstand zeigen, dass ein Teil der Vorschriften entweder nicht bekannt ist oder viel zu selten angewendet wird. Dies gilt insbesondere für die Thematik des vorzeitigen Zugewinnausgleichs und der Sicherung von Zugewinnausgleichsansprüchen durch einen Arrest. In der Regel ist es alleine schon wegen der Zinssituation sinnvoller, den Zugewinn außerhalb des Verbundes geltend zu machen. Beschreitet man diesen Weg nicht, drohen erhebliche finanzielle Nachteile bei der Durchsetzung vermögensrechtlicher Ansprüche. Selbst bei alltäglich vorkommenden und scheinbar einfach gelagerten Sachverhalten können diese auftreten.

Schließlich erweist sich die Rechtsprechung des BGH zum Güterrecht in den letzten Jahren als sehr schwankend. In vielen Bereichen wurde eine über Jahrzehnte hinweg praktizierte ständige Handhabung aufgegeben. Neben den Korrekturen bei der Zuwendung von Vermögen durch die Schwiegereltern ist die zweifache Kehrtwendung bei einer Grundstücksübertragung mit vorbehaltenem Nießbrauch als Beispiel zu nennen. Zu erwähnen ist vor allem auch die jetzige Rechtsprechung zur latenten Steuer. Diese hat der familienrechtlichen Praxis ein Themenfeld beschert, welches zu einem völligen Umdenken bei der Bewertung von Vermögensgegenständen führen muss. Derjenige Rechtsvertreter, der -wie bislang üblich- lediglich mit den Nominalwerten weiter arbeitet, kann erhebliche Nachteile zu Lasten seines Mandanten verursachen. Nunmehr ist eine steuerliche Überprüfung aller Vermögenswerte vor Einreichung eines Scheidungsantrages oder Antrages auf vorzeitigen Zugewinnausgleich notwendig. Steht ein Stichtag fest, muss bei jedem Vermögenswert geklärt werden, ob steuerliche Abzüge möglich sind. Die Zugewinnbilanz kann auf diese Weise nachhaltig positiv oder negativ beeinflusst werden.

Nur derjenige, der diese Strömungen in der höchstrichterlichen Rechtsprechung laufend verfolgt, wird in der Lage sein, ein Zugewinnausgleichsverfahren für seinen Mandanten zufriedenstellend abzuwickeln.

Dr. Kogel & Mast - Familienanwälte Aachen
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