Elternunterhalt

Elternunterhalt

Steigende Lebenserwartung und die sterbevermeidende Wirkung moderner Medizin führen zu einem Anstieg der Alterspflegefälle und der Unterbringungs- und Pflegekosten in Alten-und Pflegeheimen. Die Rente und Pension vieler Menschen reicht trotz Pflegeversicherung nicht aus, um die Kosten einer Versorgung in einem Pflegeheim abzudecken.

Wird Bedürftigkeit einer in einem Pflegeheim untergebrachten Personen festgestellt, leisten die Sozialämter zunächst Sozialhilfe. Sie versuchen jedoch bei Kindern der pflegebedürftigen Eltern Regress zu nehmen. Hierzu sind die Sozialämter sogar verpflichtet, da der nach bürgerlichem Recht bestehende Unterhaltsanspruch (§ 1601 BGB) der Eltern gegen ihre Kinder Vorrang vor Sozialhilfeleistungen hat. Geschwister haften dabei für einen Unterhaltsanspruch ihrer Eltern anteilig nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen.

Wie erfolgt die Inanspruchnahme durch das Sozialamt?

Im ersten Schritt werden potentielle unterhaltspflichtige Kinder aufgefordert, Auskunft zu ihrem Einkommen und Vermögen zu erteilen. Die Auskunftsaufforderung erfolgt häufig in Verbindung mit einer sogenannten Überleitungsanzeige. Mit der Überleitungsanzeige erwirbt das Sozialamt das Recht, den Unterhaltsanspruch der Eltern geltend zu machen. Die Auskunft muss erteilt werden. Erfolgt dies nicht oder nicht rechtzeitig, droht die Vollstreckung durch das Sozialamt.

Spätestens zu diesem Zeitpunkt empfiehlt sich die Beratung durch einen Rechtsanwalt, um wichtige Weichen für das weitere Verfahren stellen zu können.

Unterhalt wird nur geschuldet, wenn ausreichendes Einkommen zur Verfügung steht. Ob dies der Fall ist, bedarf einer individuellen Überprüfung. Dabei müssen die Rechtsprechung des BGH und die gesetzlichen Vorgaben zum Elternunterhalt berücksichtigt werden. Es bedarf genauer Kenntnis dieser Vorgaben, um die vom Sozialamt geforderte Auskunft vollständig zu erteilen und relevante, einkommensmindernde Abzugspositionen nicht zu vergessen.

Berechnung und Zahlungsaufforderung

Ist die Auskunft erteilt, führt das Sozialamt die Unterhaltsberechnungen durch. Viele Fälle der drohenden Inanspruchnahme erledigen sich nach unserer Praxiserfahrung, wenn die Auskunft erteilt und die Prüfung durch das Sozialamt erfolgt ist. Unterhaltspflichten gegenüber der eigenen Familie, Verbindlichkeiten und das Schonvermögen führen häufig zur Feststellung von Leistungsunfähigkeit des in Anspruch genommenen Kindes.

Errechnet das Sozialamt dagegen eine Unterhaltsverpflichtung, erfolgt eine Aufforderung zur Zahlung rückständigen oder laufenden Unterhalts für den pflegebedürftigen Elternteil. Eine solche Zahlungsaufforderung sollte ebenfalls grundsätzlich durch einen fachkundigen Rechtsanwalt überprüft werden. Es ist ein Irrtum zu glauben, Behörden würden solche Ansprüche immer richtig berechnen.

Verwirkung

Stellt sich die Richtigkeit der Berechnung heraus, könnte eine teilweise oder vollständige Verwirkung des Unterhaltsanspruches vorliegen. Verwirkung wird angenommen, wenn die Unterhaltsbedürftigkeit zum Beispiel durch Trunk-, Spiel-und Drogensucht ausgelöst wird. Dagegen stellen Kontaktabbruch, Kränkungen oder Vernachlässigungen nicht immer einen ausreichenden Grund dar.

Zahlungspflicht

Zeigt sich, dass die Berechnung der Behörde falsch ist, kann im Wege außergerichtlicher Korrespondenz eine Korrektur verlangt werden. Kommt es zu keiner außergerichtlichen Einigung zwischen dem Sozialhilfeträger und dem unterhaltspflichtigen Kind, kann das Sozialamt die Zahlungsaufforderung nicht durchsetzen, ohne dass sich der Unterhaltspflichtige damit einverstanden erklärt. In einem solchen Fall muss der Sozialhilfeträger den von ihm bezifferten Unterhaltsanspruch über das Familiengericht geltend machen. Im Gerichtsverfahren wird dann über die Berechtigung des Anspruches dem Grunde und der Höhe nach entschieden. In diesem Verfahren können erneut alle Einwände, die der Sozialhilfeträger bisher nicht akzeptiert hat, gegen den bezifferten Anspruch vorgebracht werden.

Das Ende des Elternunterhalts ?

Mit der Einführung des Angehörigen-Entlastungsgesetzes ändert sich die Situation beim Elternunterhalt grundlegend. Zum Elternunterhalt sollen nur noch Kinder herangezogen werden können, die über ein jährliches Brutto-Gesamteinkommen von 100.000,00 € und mehr verfügen. Laut Einkommensstatistiken gilt dies für etwas über 5 % aller voll- oder teilzeitbeschäftigten Personen. Für das Gros der Betroffenen dürfte damit das Thema Elternunterhalt erledigt sein. Der kleine Kreis der Hochverdiener dagegen wird sich weiterhin mit der Frage befassen, welche Gestaltungsmöglichkeiten bestehen, um die eigene Belastung durch Elternunterhalt zu minimieren.

Die Schwelle von 100.000.00 € gilt pro Unterhaltspflichtigen – also für jedes Kind Das Einkommen der Ehepartner unterhaltspflichtiger Kinder wird nicht eingerechnet. Vorhandenes Vermögen der Kinder bleibt unberücksichtigt. Damit sollen nach Ansicht des Ministeriums für Arbeit und Soziales in rund 90 % der Fälle die Kinder nicht mehr an den Pflegkosten beteiligt werden.

Eine besondere Entlastung bringt das Gesetz bezogen auf die bisherige Auskunftspflicht der Kinder gegenüber den Sozialhilfeträgern. Das Gesetz enthält eine Vermutungsregel: In Zukunft wird das Sozialamt davon ausgehen, dass das Einkommen des Kindes die Grenze von 100.000,00 € nicht überschreitet. Erst wenn Zweifel daran bestehen, kann das Sozialamt Einkommensnachweise verlangen.

Das Angehörigen-Entlastungsgesetz ist am 1. Januar 2020 in Kraft getreten. Die Regelung wird nicht rückwirkend auf bereits gezahlten Unterhalt angewendet. Das heißt, dass vor dem 1.1.2020 erbrachte Unterhaltszahlungen nicht zurückgezahlt werden. 

 

Dr. Kogel & Mast - Familienanwälte Aachen
Diese Website nutzt Cookies, um bestmögliche Funktionalität zu bieten. Mit der Nutzung der Webseite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu. Mehr zu Datenschutz und Cookies.
Einverstanden!